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Predigt zum 3. Sonntag nach Trinitatis 2020

Hören und lesen Sie die Predigt von Pfarrer Christian Noeske zum 3. Sonntag nach Trinitatis 2020:

 Predigt zum 3. Sonntag nach Trinitatis 2020 (Pfarrer Christian Noeske)

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Predigt zum 3. Sonntag nach Trinitatis 28. Juni 2020 (Pfarrer Christian Noeske)

I

Ob Sie wohl schon einmal etwas von „Micha“ gehört haben?
Micha ist ein Prophet aus der Bibel.
Micha ist der Name eines der 66 Bücher unserer Lutherbibel
Mit dem Appell "Schwerter zu Pflugscharen" ist der Prophet Micha zum Stichwortgeber der deutschen Friedensbewegung geworden.

Und das gleichnamige Buch im Alten Testament ist auch für die Geburt Jesu wichtig.

Hier in diesem kleinen Büchlein der Bibel findet sich der Bibelspruch, den wir oft in den Weihnachtsgottesdiensten hören und bedenken:

„Und du Bethlehem Efrata, die du klein bist in unter den Städten in Juda, aus dir soll mir kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.“

Von Micha selber wissen wir nicht viel… er war ein Seher, ein Prophet,
etwa aus dem 7. vorchristlichen Jahrhundert.

Micha aus Moreschet, einer 35 km südwestlich von Jerusalem gelegenen Siedlung,
ergriff die Stimme für die kleinen Bauern fernab von den Machtzentren.

Er droht den ungerechten Herrschaftseliten.

Er verurteilt die Habgier der anderen Propheten.

Er wehrt sich gegen die Großgrundbesitzer, die die Kleinbauern ausbeuten.

Er kämpft für die Durchsetzung des Rechts im Alltag und für das schonungslose Aufdecken von Rechtsbrüchen.

II

Dieser Micha soll uns heute beschäftigen.

Denn ein Textabschnitt aus dem Micha-Buch der Bibel ist diesem 3. Sonntag nach Trinitatis zugeordnet.

In der Lesung klang das Thema dieses Sonntags bereits an:

Gott wird verglichen mit einem guten Hirten, der sich auf die intensive Suche nach dem „Verlorenen“ macht:

So dass wir sagen können:

Gott ist wie so ein guter Hirte, der im Gleichnis aus der Lesung beschrieben wird.

Bei Gott ist niemand verloren – bei Gott ist niemand aufgegeben.

Jesus beschreibt Gott als einen, der nicht aufgibt, uns nachzugehen, uns zu suchen,
um uns wohl zu tun und zu trösten.

III

Beim biblischen Propheten Micha hört sich da so an – ich lese aus Micha 7:

„Wo ist ein Gott, wie du bist,
der die Sünde vergibt
und erlässt die Schuld denen, die geblieben sind
als Rest seines Erbteils,

der an seinem Zorn nicht ewig festhält,
denn er hat Gefallen an Gnade!

Er wird sich unser wieder erbarmen,
unsere Schuld unter die Füße treten
und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen.

Du wirst Jakob die Treue halten
und Abraham Gnade erweisen
wie du unseren Vätern vorzeiten geschworen hast.“

IV

Als ich mich mit diesem Bibeltext beschäftig habe,
blieb ich sehr lange am Eingangs-Vers hängen.

Was bedeutet dieses „Wo ist ein Gott wie du bist?“

Kann es sein, dass wir uns „Gott“ so nähern.

Dass wir wie beispielsweise beim Kauf eines Autos abwägen…

und sagen:

Das eine Auto hat diesen Vorteil -
das andere Auto hat den besseren Motor -
das dritte Auto überzeugt vom Styling -
und das nächste hat die besten Verbrauchswerte?

Kann ein Mensch Gott … Götter miteinander vergleichen?

Vom christlichen Glauben her betrachtet fällt es uns ja schwer, von „Göttern“ zu sprechen.

Und was wir vergleichen können sind vielleicht Religionen, sind Glaubensformen.

Aber hier den Gott der Bibel,
den Gott, der sich in Christus offenbart hat und uns im heiligen Geist nahe ist,
nun in einen Vergleich mit anderen Göttern zu nehmen.
„Stiftung Warentest für den richtigen Gottesglauben“ sozusagen?

Also diese Vorgehensweise scheint mir nicht sinnvoll und
nicht zielführend zu sein.

So tat ich mich erst einmal schwer mit diesem Satz: „Wo ist ein Gott wie du?“

Aber vielleicht geht es Micha gar nicht um ein Vergleichen, sondern um eine Botschaft:

Eine Botschaft, die bereits im Namen des Propheten enthalten ist.

Denn „Micha“ ist übersetzt der staunende Ausruf: „Wer ist wie Gott?“

Eine rhetorische Frage, die eigentlich zur Antwort hat: Keiner, nichts und niemand zwischen Himmel und Erde.

V

Und das „Wo ist ein Gott wie du“ ist dann eher so zu verstehen:

Wo anders könnte ich Hilfe finden?

Wohin soll ich gehen, wenn nicht zu dir?

So wie es Petrus an einer Stelle zu Jesus sagt: Herr, wohin sollen wir sonst gehen – nur bei dir finden wir Worte des Lebens, Worte des ewigen Lebens!

Ich finde diese Haltung auch schön ausgedrückt in der bekannten und volkstümlichen gesungenen Messe von Franz Schubert:

Wohin soll ich mich wenden,
wenn Gram und Schmerz mich drücken?
Wem künd ich mein Entzücken,
wenn freudig pocht mein Herz?

Zu Dir, zu Dir, o Vater,
komm ich in Freud und Leiden;
du sendest ja die Freuden,
Du heilest jeden Schmerz.

Und wenn wir das „Wo ist solch ein Gott“ in diesem Sinne verstehen – dann ist das doch eine sehr schöne und tröstliche Botschaft.

„Was ist dein Trost im Leben und im Sterben?“ fragt der Heidelberger Katechismus
und weist hin auf ein Leben mit Gott an der Seite.
Weist hin auf das Gute was Gott uns schenkt und die Anleitung zum guten Leben, die uns mit seinen Weisungen gegeben ist.

VI

Dieser Zuspruch, dass Gott uns zugewandt bleibt „im Leben und im Sterben“
kommt auch in den nächsten Versen vor:

„Er wird sich unser wieder erbarmen“ heißt es in unserem Predigttext.

Immer wieder kommt es vor, dass Gott sich für uns ganz fern anfühlt,
besonders in Situationen, in denen es uns schlecht geht,
wo wir Enttäuschungen erfahren,
oder Steine und Hindernisse auf unserem Weg sind
wir Leid erfahren oder ungerecht behandelt werden.

„Gott wird sich unser wieder erbarmen“ ist die Zusage hier im Buch Micha.

Es ist die Einladung, geduldig zu sein und darauf zu vertrauen,
dass Gott uns begleitet durch das dunkle Tal
aber das dunkle Tal auch irgendwann einmal durchschritten ist.

Eine Haltung, die ein Psalmbeter uns vormacht, wenn er sagt:

„Was betrübst du dich meine Seele und bist so unruhig in mir.
Harre auf Gott, denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.“

Ich will mich anstecken lassen von diesem Glaubensmut,
von dieser Gewissheit: „Ich werde ihm noch danken“

Danken -
rückblickend auf die schwere Zeit -
rückblickend nach der Heilung, nach dem Ende der quälenden Ungewissheit -
nach der nächsten Weggabelung, wo sich nach dem engen Tal eine neue Weite vor uns auftut.

VII

Unser Textabschnitt endet mit der Gewissheit:

Du wirst Jakob die Treue halten und Abraham Gnade erweisen
wie du den Vätern vorzeiten geschworen hast.

Jakob – Abraham die Personen aus der Tradition Israels stehen als Muster oder Modelle für die Menschen des Glaubens

„Du wirst Treue halten und Gnade erweisen“

Anders gesagt:

Der du dich voll Vertrauen auf Gott ausrichtest:
Halte fest am Vertrauen auf Gott:
Denn Gott rückt nicht von deiner Seite!
Du wirst Rückenwind haben!
Durch schwere Situationen wirst du getragen!
Gott wird dir das schenken, was du im Moment brauchst.

Das ist die Zusage und das Versprechen, das uns hier begegnet.

In der Gewissheit des Propheten Micha, zu der wir heute morgen miteinander
ermutigt werden:

Du wirst mir und uns die Treue halten und Gnade,
deine Nähe und heilsame Gegenwart erweisen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unser Denken bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen

 

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